Utopie und Zerstörung

In vielen Berichten über die Wochen nach dem 11. September 2001, so auch in der schon zitierten Wochenendbeilage in der SZ vom 10. September dieses Jahres, wird ausführlich die große Solidarität unter den New Yorkern geschildert, sich äußernd insbesondere durch die vielen, auch heute noch sehr anrührenden gegenseitigen, unentgeltlichen Hilfeleistungen unter Wildfremden. New York war zusammengerückt gegen eine unheimliche Macht von außen, durch die es in den Grundfelsen erschüttert war. Gemeinsam versuchte man in einer sonst als extrem hektisch erlebten Metropole, das Trauma durch große Solidarität untereinander zu bewältigen. In seiner kurzen Erzählung Das Erdbeben in Chili, ursprünglich unter dem, den Namen der Hauptfiguren folgenden Titel Jeronimo und Josephe 1807 veröffentlicht, beschreibt Kleist genau diese besondere Stimmung und beschwört eine Utopie einer klassenlosen Gesellschaft herauf, in der quasi, wie bei Jesaja, ein neuer Himmel und eine neue Erde geschaffen werden, Wolf und Lamm zugleich weiden und Löwe und Rind friedlich miteinander leben. Weiterlesen

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Auf Tour (3): In der Kleist-WG

Der Eingang ist nicht leicht zu finden, keine großen Transparente, Hinweisschilder, nichts. Man muss die Adresse wissen: Frankfurt / Oder, Große Oderstraße 26/27. Ein unscheinbares, niedriges, langgestrecktes Haus aus der Massenproduktion, gegenüber der St.-Marienkirche. Irgendwann findet man die Tür, sie ist verschlossen. Ein Briefkasten und ein Klingelknopf: Hier wohnt die Kleist-WG. Ich klingele, mir wird direkt geöffnet, und ich lande in der lauten Verabschiedung einer großen, begeisterten Reisegruppe. Ein schlanker Mann mittleren Alters ist hier Kartenverkäufer, -abreißer und Ausstellungsführer in einer Person, einer, der mit großem Herzblut und ganzem Einsatz hinter der Ausstellung steht. Als die Reisegruppe gegangen ist, wird es stiller, und der Mann und ich sind an diesem Samstagvormittag längere Zeit die einzigen auf dem langgestreckten Flur mit den unzähligen Räumen, die links und rechts abgehen. Die ideale Raumaufteilung für eine (sehr große) WG, es gibt fast keine Durchgangszimmer. Dieses Gebäude steht an der Stelle, an der das Haus stand, in dem Kleist geboren und aufgewachsen ist und das gemeinsam mit großen Teilen Frankfurts am Ende des Zweiten Weltkriegs abbrannte. Lange stand diese Etage leer, vorher war eine Behörde untergebracht; nun wird es seit über einem Jahr zwischengenutzt für eines der sicher großartigsten museums­pädagogischen Projekte der letzten Jahre und zugleich einen Beweis, wie aktuell, wie zeitgenössisch Kleist ist. Weiterlesen

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Auf Tour (2): Ganz weit weg

Frankfurt / Oder ist nur eine Stunde mit dem Zug von Berlin entfernt, die Verbindung ist direkt und bequem, man fährt fast Luftlinie. Frankfurt / Oder liegt zentral im heutigen Europa an der Schnittstelle zwischen West und Ost. Frankfurt / Oder liegt verdammt weit weg, ein bisschen am Ende der Welt. Weiterlesen

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Auf Tour (1): Bewegung und Entspannung am Kleinen Wannsee

Ich war in Berlin und Frankfurt / Oder letzte Woche, wie angekündigt, und ich habe viel gesehen und erlebt, mein Kopf ist noch ganz voll davon.

Kleists Grab in Berlin September 2011: Eine BaustelleMein erster Weg führte mich an Kleists Grab am Kleinen Wannsee – oder an das, was davon z.Zt. zu sehen ist, die besagte Stelle am Kleinen Wannsee ist eine einzige Baustelle, die Neugestaltung der viel­gescholtenen Gedenkstätte ist in vollem Gange, Mitte Oktober sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Weiterlesen

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